Warum unsere Umsatzsteuer-Strategie ein Kommunikations-Update verdient hat

Ziel erreicht: Die ermäßigte Umsatzbesteuerung auf Speisen wird dauerhaft entfristet – diese Überschrift wollen und werden wir hoffentlich noch in diesem Jahr lesen. Doch bis dahin liegt noch einiges an kommunikativer Überzeugungsarbeit vor uns. Warum?

Die seit 2020 geltende Senkung läuft bisher vor allem unter dem Label „Krisenunterstützung“. Corona hat (zum Glück) weitgehend seinen Schrecken verloren und die Energiepreise pendeln sich langsam wieder ein.

Das Krisenargument wird also – auch wenn die Lage in vielen Betrieben weiterhin angespannt ist – von Tag zu Tag schwächer. Im Gegenzug hinterlassen die umfangreichen Hilfspakete (nicht nur für die Gastwelt) tiefe Spuren im Bundeshaushalt.

Hinzu kommen für 2024 neue Ausgabenwünsche im dreistelligen Milliardenbereich etwa für die überfällige Modernisierung der Bundeswehr und der Deutschen Bahn, die Aktienrente, die Kindergrundsicherung, das Gesundheitssystem oder die Energiewende. Auch die Schuldenbremse soll möglichst eingehalten werden.

Entfristung ist aufgrund der Haushaltslage kein Selbstläufer

Vor diesem Hintergrund überrascht es Kenner des politischen Berlins nicht, dass vermeintliche „Steuersubventionen“ (so das Narrativ) von einigen Koalitions-Politikern und Ökonomen hinterfragt werden.

Spätestens, seit der Bundesrechnungshof im Dezember 2022 mahnte, Ausnahmen bei Mehrwertsteuer konsequent zu streichen, ist klar, dass die Entfristung kein Selbstläufer wird.

Fakt ist, dass die dauerhafte Umsatzsteuer-Senkung auf Speisen für zigtausende Gastwelt-Unternehmen eine unerlässliche und überlebensnotwendige Maßnahme darstellt. Eine Maßnahme, die unternehmerische Spielräume eröffnet, Arbeitsplätze sichert und Infrastruktur (vor allem im ländlichen Raum) erhält.

Zur Wahrheit gehört indes auch, dass selbst Politiker, die einer Entfristung positiv gegenüberstehen, es intern aufgrund der angespannten Haushaltslage schwer haben (wir sprechen immerhin von gut drei Milliarden jährlich).

Kommunikations-Update mit neuen Argumenten überfällig

Meine Einschätzung ist, dass die bisherigen Argumente einfach nicht in dem Maße verfangen, wie sie es müssten. Sonst müsste die Umsatzsteuer-Reduzierung ja bereits seit Jahren erfolgreich umgesetzt sein. Vielmehr bedurfte es aber „erst“ Corona, damit sich die Politik einen Ruck gab.

Wenn es gelingen soll, die Krisenmaßnahme in ein dauerhaftes Konjunkturprogramm zu wandeln, benötigen wir ein Kommunikations-Update. An diesen drei Stellschrauben würde ich drehen:

Machen wir Schluss mit dem monotonen Copy&Paste der immer gleichen Argumente. Das gesellschaftliche Umfeld in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verändert und im Bundestag sitzt mittlerweile eine neue Politikergeneration. Dem sollten wir auch kommunikativ Rechnung tragen. Auffällig ist: Bisher wird sehr technisch, emotionsarm und hauptsächlich aus Unternehmenssicht argumentiert (was ich nicht kritisiere, sondern feststelle). Aber dieser Hebel verfehlt in einer SPD-geführten Ampel weitestgehend seine Wirkung. Hier sollten wir noch einmal kritisch reflektieren und nachjustieren. Warum koppeln wir die Umsatzsteuer-Entfristung z.B. nicht an die flächendeckende Verbesserung der Einstiegslöhne (in Form einer Selbstverpflichtung)? Hier hat die Gastwelt noch Nachholbedarf – auch wenn jüngst schon vieles positiv passiert ist. Das wäre eine Brücke für die SPD, der Mitarbeiter-Themen traditionell besonders wichtig sind. Unserem Anliegen würden wir damit einen erweiterten „Purpose“ geben und gleich noch etwas fürs Arbeitsgeber-Image tun. Diese Idee wird sicher nicht jedem gefallen und auch nicht zu 100 Prozent umzusetzen sein, aber dass die Belange von Mitarbeitern in der bisherigen Argumentation kaum eine Rolle spielen, ist ein unnötiger Fehler.

Wo sind die Unterstützer für unser Anliegen außerhalb der Gastwelt? Es profitieren schließlich eine ganze Reihe weiterer Akteure von einer dauerhaften Entfristung – direkt und indirekt. Ich denke z.B. an den gesamten Handel, Messestandorte oder Destinationen. Diese Stakeholder kommunikativ enger einzubinden und zu aktivieren, würde unserem Anliegen neuen Schub verleihen.

Und sollten wir das Steuergerechtigkeits-Argument nicht mehr aktiv spielen, weil dieses aus Kommunikationssicht zu „egozentrisch“ wirkt. In der Politik gehen die Auffassungen, was steuerlich gerecht ist und was nicht, sehr weit auseinander – selbst innerhalb einer Partei/Fraktion. Im oft zitierten EU-Ausland gab es bei weitem nicht so hohe Krisenhilfen wie in Deutschland – das muss man ehrlicherweise bei jedem Vergleich berücksichtigen. Smarter ist es, die langfristigen Vorteile und positiven Effekte für unsere Gesellschaft stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Politische Kommunikation am Puls der Zeit spricht eben nicht mehr nur von sich, sondern rückt den gesamtgesellschaftspolitischen Nutzen in den Vordergrund. Und hier haben wir unzählige Beispiele aus der Praxis, mit denen wir punkten können.

Positiven Nutzen für Gesellschaft stärker herausstellen

Ich denke z.B. an die niederschwellige Integration von Geflüchteten, die schnelle Bereitstellung von Unterkünften oder die Tatsache, dass wir Orte der Geselligkeit und des sozialen Lebens schaffen, die für unsere Gesellschaft den zwischenmenschlichen Kitt darstellen, ohne die Städte und Dörfer sozial veröden.